Nieder­sor­bisch lernen

Wer sich mit der niedersorbischen/wendischen Sprache befasst, der sei sich bewußt, dass er/sie eine der am meisten gefährdeten Sprachen der Welt erlernt. Noch um 1850 zählte das sorbische/wendische Volk rund 250 000 Sprecher in der Lausitz, die aber durch politische Sanktionen und Massnahmen seitens des Staates, der Kirche und im Schulwesen innerhalb weniger Generation so minimiert und diffamiert wurden, dass sie selbst bis auf wenige Ausnahmen, den Weg der Germanisierung angenommen haben. Aber wie schnell nimmt man jemanden eine Muttersprache weg? So gibt es auch heute in der Niederlausitz/Dolna Łužyca noch aktive und auch passive Sprecher, die sich bemühen, diese kleine Sprache neu oder wieder zu beleben. Allen Anfang machen unsere Kinder, die sich entscheiden, fakultativ oder im bilingualen Unterricht diese Sprache in der Schule zu erlenen.

Dabei hat die sorbische/wendische Sprache eine Wortbrillianz und einen Reichtum an Ausdrucksmöglichkeiten wie sie allen slawischen Sprachen eigen ist. Zwei- und Mehrsprachigkeit ist auch in der Lausitz eine von vielen Unternehmen positiv gewertete Qualifikation. Im Zuge der verstärkten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit den östlichen Nachbarländern, wird der Bedarf an Fachleuten mit slawischen Sprachkenntnissen weiter steigen. Etwa 400 Millionen Menschen sprechen eine slawische Sprache, Sorbisch/Wendisch gehört dazu.

Nahezu für jedes deutsche Wort gibt es zwei bis drei Wörter im Sorbischen/Wendischen, weshalb die Slawen ihre deutschen Nachbarn als die Stummen nimy=Nimcy bezeichneten. Den Wortschatz des Niedersorbischen/Wendischen kann man gleichsam nutzen für andere slawische Sprachen, denn das Sorbische/Wendische gehört zur westslawischen Sprachgruppe und hat viel Ähnlichkeit mit dem Polnischen, Tschechischen, dem Slowenischen, Kaschuben und mehr.

Georg Sauerwein/Jurij Surowin (1831-1904, das Sprachgenie des 19. Jahrhunderts erlernte z. B. in wenigen Wochen das Niedersorbische/Wendische bei einfachen Leuten auf dem Dorf und verglich die Ausdruckskraft und die melancholischen Sprachmelodie mit dem Italienischen. Wer sich entschließt, die niedersorbische/wendische Sprache zu erlenen, wird schnell merken, dass dies ein lebenslanges Lernen bedeutet, denn auch diese Sprache unterliegt einer Entwicklung, die bis in die Gegenwart anhält. In der wendischen Bibel wird man eine andere Schreibweise und Worte finden als im heutigen Nowy Casnik, der niedersorbischen/wendischen Wochenzeitschrift. Die Kinder lernen in der Schule eine “Schulsprache”, währenddessen auf den Dörfern noch sorbische/wendische Dialekte lokal durchklingen.

Aber beginnen wir zunächst mit dem Alphabet, was dem deutschen ähnelt. Dennoch weicht das sorbische/wendische Alphabet etwas davon ab, weil verschiedene Konsonanten und Vokale mit anderen diakritischen Zeichen wie einem Häkchen oder Strich über dem Buchstaben im Sorbischen/Wendischen anders ausgesprochen werden.

Kleiner Sprachkurs – Niedersorbisch

Das sorbische/wendische Alphabet lautet:

A-a, B-b, C-c, Č-č, Ć-ć, D-d, E-e, ě, F-f, G-g, H-h, Ch-ch, I-i, J-j, K-k, Ł-ł, L-l, M-m, N-n, ń, O-o, P-p, R-r, ŕ, S-s, Š-š, Ś-ś, T-t, U-u, W-w, Y-y, Z-z, Ž-ž, Ź-ź

Achtung!

Die Buchstaben Q und V existieren nicht, weil sie im Sorbischen/Wendischen geschrieben werden, wie sie ausgesprochen werden, nämlich kw und w. Die Zischlaute und Vokale werden folgender Massen gesprochen:

  • C-c (cej) wie ein deutsches Z wie bei Zeit,
  • Č-č (čet) wie bei Tschechei
  • Ć-ć (ćej) wie bei Peitsche, etwas weicher als bei č
  • S-s (es) wie bei Ross, aufpassen: sp, st und sch werden separat ausgesprochen, so s-p, s-t, s-ch, wie bei Knospe und Ast
  • Š-š (eš) wie bei Schule, stimmlos
  • Ś-ś (śej) wie bei Maschine, stimmlos
  • Z-z (zet) wie bei singen, stimmhaft
  • Ž-ž (žet) wie bei Garage,
  • Ź-ź (źej) wie bei gendern,
  • ě (ět) der Vokal klingt zwischen e und i wie bei mir,
  • ó (ót) der Vokal klingt zwischen o, u, e und wird dialektal verschieden ausgesprochen
  • Ł-ł (eł) wird wie w ausgesprochen, als Buchstabe vor oder nach Konsonanten mit stummen Anlaut, in Verbindung mit Vokalen im Wort als Doppellaut, Beipiel die polnische Stadt Łódź
  • Ch-ch (cha) wie bei acht, in Verbindung mit i, j, ě wie bei mich
  • ń (eń) das so genannte weiche n mit in Verbindung mit Vokalen als nj gesprochen,
  • ŕ (eŕ) das so genannte weiche r, steht meist bei männlichen Berufen oder im Imperativ einiger Verben
  • W-w (wej) kann bei verschiedenen Worten oder Präfixen mit Anlaut h gesprochen werden, innerhalb eines Wortes vor a, y, o als Doppellaut, z.B. awto als Auto

Des Weiteren gilt:

  • ck sprich wie zk
  • es gibt keine doppelten Konsonanten
  • die Betonung der Worte liegt auf der ersten Silbe, bei Präpositionen vor dem Substantiv geht die Betonung auf die Präposition über
  • Substantive werden immer klein geschrieben, außer Eigennamen oder am Satzanfang
  • es gibt keine Artikel, das Geschlecht (maskulin, nneutrum, feminin) eines Substantives erkennt man an der Endung wie z. B.:
    • blidaŕ (endungslos à maskulin) – der Tischler
    • zgło (Endung auf -o oder -e à neutrum) – das Hemd
    • ławka (Endung auf -a à feminin) – die Bank

Zum Üben folgen einige alltägliche Redewendungen. Zur Unterstützung der Aussprache und Betonung kann man das niedersorbische/wendische Online-Wörterbuch (DNW) im Internet nutzen. Hier geht es zum Deutsch-Nieder­sor­bi­schen Wörter­buch.

Es gibt aber auch eine große Zahl von Cd´s und Online-Plattformen, wo man viele akustische Beispiele hören und lernen kann, so die Plattform: Niedersorbisch online lernen am PC oder das Lehrwerk von Erwin Hannusch „Niedersorbisch, praktisch und verständlich“.

Grußformeln und Redewendungen der Höflichkeit:
Dobre zajtšo! Guten Morgen!
Dobry źeń! Guten Tag!
Dobry wjacor! Guten Abend!
Dobru noc! Gute Nacht!
Dajśo sebje zesłoźeś! Guten Appetit!
Witaj! Grüß Dich!
Witajśo! Seid gegrüßt!
Buźćo wutšobnje witane! Seid herzlich gegrüßt!
Měj se derje! Machs gut!
Měj se lěpjej! Mach´s besser! (Ja du auch!)
Mějśo se derje! Macht es gut!
Na zasejwiźenje! Auf Wiedersehen!
Pšosym! Bitte!
Źěkuju se! Danke!
Měj źěk! Hab Dank!
K strowosći! Gesundheit! Zum Wohl! Prost!
Wódaj pšosym! Entschuldigunge bitte!
Wódajśo pšosym! Entschuldigen Sie bitte!
Až do witśego! Bis morgen!
Bóžemje! Geh mit Gott! (Auf Wiedersehen!)
Lubše luźe! Liebe Leute!
Ja lubujom tebje
Ich liebe dich
Wóstańśo strowe! Bleiben Sie gesund!
Pśiź derje domoj! Komm gut nach Hause!
Vorstellung der eigenen Person:
Kak se tebje groni? Wie heißt Du?
Ja som Madlena. Ich bin Madlena.
Mě se groni Madlena. Ich heiße Madlena.
Ceji / ceja ty sy? Chto ty sy? Zu welcher Familie gehörst?
Mója familija jo Šlodarikojc swójźba. Ich gehöre zu Schlodaricks Familie.
Źo ty bydliš? Wo wohnst Du?
Ja bydlim w Lubinje w rědnych Błotach, we wokrejsu Dubja-Błota. Ich wohne in Lübben im schönen Spreewald, im Kreis Dahme-Spreewald.
Maš źiśi? Hast Du Kinder?
Jo, ja mam. Ja, habe ich.
Co ty źěłaš? Was arbeitest Du?
Ja źěłam ako pśistajony/a we wokrejsnem zastojnstwje (w źiśowni, w amśe ...) Ich arbeite als Angestellte in der Kreisverwaltung (im Kindergarten, im Amt ...)
Co rad / rada gótujoš? Was machst Du gerne?
Maš ty hobyje? Hast Du Hobbies?
Ja rad / rada mólujom, cołnujom kólasujom, drogujom, se zaběram ze stawiznam, cytam knigły a zběram postowe kortki. Ich male gern, fahre gern Kahn, gern Fahrrad, wandere gern, beschäftige mich gern mit Geschichte, lese gern Bücher, sammle Postkarten.
Sy ty Serb / Serbowka? Bist Du Sorbe/Wende / Sorbin/Wendin?
Nje, ja som Nimc/Nimcowka, ale weto powědam serbski. Nein, ich bin Deutscher/Deutsche, aber ich spreche dennoch sorbisch/wendisch.

Angebote - Übersetzungsprogramme

 
 

Bildungs­ein­rich­tungen und Onli­ne­an­ge­bote

Angebote für Kinder

Angebote für Erwachsene

Angebote - Online lernen

Angebote Sprachausbildung und pädagogische Berufe

Weitere individuelle Angebote können bei den Beauftragten für die Angelegenheiten der Sorben/Wenden angefragt werden. Eine Übersicht der Beauftragten für die Angelegenheiten der Sorben/Wenden sowie kommunalen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern in den Kommunen der Niederlausitz finden Sie hier.